Truck mit Ammoniak-Brennstoffzelle – effizienter als mit Wasserstoff?

Ein amerikanisches Start-up hat einen Sattelschlepper mit Ammoniak-Brennstoffzelle vorgestellt. Das bringt Vorteile – aber auch Nachteile.

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Der Sattelschlepper mit Ammoniak-Brennstoffzelle leistet laut Anbieter 300 kW und kann in acht Minuten 900 kWh an Energie bunkern.

(Bild: Amogy)

Lesezeit: 4 Min.

Flüssiges Ammoniak hat, auf das Volumen bezogen, eine dreimal so hohe Energiedichte wie komprimierter Wasserstoff. Zum Verflüssigen bei Raumtemperatur reicht schon ein relativ moderater Druck von 9 bar. Damit bietet sich Ammoniak (NH3) auf den ersten Blick als Treibstoff und Energieträger an.

Das US-Start-up Amogy hat nun einen Sattelschlepper mit einer Ammoniak-Brennstoffzelle vorgestellt. Das Fahrzeug leistet laut Anbieter 300 kW und kann in acht Minuten 900 kWh an Energie bunkern – etwa so viel wie die Batterien des Tesla Semi. "Ammoniak ist der optimale Treibstoff, um eine schnelle Dekarbonisierung des Schwertransports zu ermöglichen, weil die nötige Infrastruktur überall auf der Welt bereits vorhanden ist", heißt es in einer Pressemitteilung von Amogy.

In der Tat ist Ammoniak ein oft übersehener Baustein der Energiewende. Es wird bereits weltweit in riesigen Mengen hergestellt, überwiegend zur Herstellung von Kunstdünger. Dazu benötigt wird allerdings Wasserstoff, und der stammt bisher fast ausschließlich aus Erdgas. Aus Ökostrom hergestelltes "grünes" Ammoniak hätte hier also einen großen Hebel, fossile Energieträger zu ersetzen.

Doch ist es sinnvoll, solch sauberes Ammoniak auch in LKWs einzusetzen? Der Vorteil gegenüber Batterien wären eine größere Reichweite und schnelleres Tanken. Der Vorteil gegenüber Wasserstoff wäre vor allem ein einfacheres Handling. Die Tanks können beispielsweise kleiner und leichter ausfallen, weil sie nicht so hohen Drücken wie bei Wasserstoff (700 bar) standhalten müssen.

Dem stehen allerdings auch erhebliche Nachteile gegenüber. Amogy nennt keine Details über die verwendete Brennstoffzelle, aber vermutlich handelt es sich um eine Polymer-Membran-Zelle (PEM). Diese kann Ammoniak nicht direkt verstromen, sondern nur reinen Wasserstoff. Also braucht der LKW noch einen "Cracker" an Bord, der das Ammoniak aufspaltet. Das macht den ganzen Antriebsstrang aufwendiger und ineffizienter als eine reine Wasserstoffbrennstoffzelle. Das Online-Portal New Atlas hat – unter sehr wohlwollenden Annahmen – durchgerechnet, dass durch die Umwandlungsverluste bei Cracker, Reinigung und Brennstoffzelle nur rund die Hälfte der gespeicherten Energie an den Rädern ankommt.

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Das relativiert die erhöhte Energiedichte schon einmal. Und die Energie zur Herstellung des Ammoniaks ist darin nicht einmal enthalten. Die gesamte Energieeffizienz dürfte also noch einmal niedriger sein als bei einem ohnehin schon nicht sonderlich effizienten Wasserstoff-System (und niedriger als bei batterieelektrischen LKWs sowieso). Amogy selbst macht keine Angaben zum Verbrauch und zur Reichweite.

Trotzdem ist es eine gute Nachricht, dass Firmen wie Amogy Ammoniak-Antriebe weiterentwickeln. Denn es gibt für sie sicherlich viele – mehr oder weniger große – Nischen, wenn auch nicht notwendigerweise bei LKWs. Eher bei der Luft- und Schifffahrt. Tatsächlich hat Amogy noch für dieses Jahr einen Ammoniak-Schlepper mit einem Megawatt Leistung angekündigt. Bis 2025 soll der Antrieb auf zehn Megawatt hochskaliert werden. Damit kommt man schon in den Bereich von Containerschiffen. Auch andere Hersteller arbeiten an maritimen Ammoniak-Antrieben.

Sinnvoll wären solche Schiffe vor allem bei einer bestimmten Fracht: Ammoniak. Dann könnten sie quasi die eigene Ladung anzapfen und bräuchten keine separaten Treibstoffbunker. Der Transportbedarf dürfte jedenfalls stark steigen. Denn um das schwer zu transportierende Wasserstoff aus fernen Ländern einzuführen, sind mehrere Trägerstoffe im Gespräch. Ammoniak ist einer davon.

Hier haben wir mal gegenübergestellt, was die Stärken und Schwächen der einzelnen Träger sind: Ammoniak punktet vor allem bei der Energiedichte und den Kosten, liegt bei den Umwandlungsverlusten im Mittelfeld, schwächelt aber bei der Reinheit des zurückgewonnenen Wasserstoffs und bei der Sicherheit – es handelt sich schließlich um ein brennbares Giftgas.

Bei der Berechnung gingen wir allerdings davon aus, dass Ammoniak nur als Energieträger dient, der Wasserstoff am Ziel also wieder zurückgewonnen wird. Das ist allerdings nicht unbedingt nötig, denn für das Ammoniak selber gibt es genug Einsatzmöglichkeiten. Würde man Öko-Ammoniak importieren und damit – etwa in Düngemittelfabriken – den herkömmlich produzierten Ammoniak ersetzen, könnte man viel Erdgas einsparen oder woanders einsetzen. Und im Vergleich zu den anderen Transportwegen würden die Nachteile von Ammoniak in den Punkten Effizienz und Reinheit nicht mehr ins Gewicht fallen.

(grh)